Mehr Pricing Power mit Strategic Value Selling
19.03.2024
In einem dynamischen Umfeld sehen sich viele Unternehmen mit steigendem Kosten- und Preisdruck konfrontiert. Anbieter, die in den Augen ihrer Kunden einzigartigen Mehrwert bieten, schaffen es dennoch, überdurchschnittliche Gewinne zu erzielen. Das gelingt ihnen, weil sie ´Pricing Power´ haben - ihre Kunden sind bereit, höhere Preise zu zahlen und wechseln bei einer Preiserhöhung nicht sofort den Anbieter.
Pricing Power läßt sich systematisch durch Strategic Value Selling aufbauen. Strategic Value Selling geht über das ´klassische´ Value Selling hinaus. Beginnend mit dem Geschäftsmodell eines Unternehmens, berücksichtigt es den gesamten Vermarktungs- und Wertschöpfungsprozess, der dem Verkaufsgespräch vorgelagert ist. Damit schafft das Unternehmen eine Basis, auf der die Verkäufer/innen aufbauen können, um einzig- artige Lösungen mit messbarem Mehrwert gemeinsam mit ihren Ansprechpartnern beim Kunden zu entwickeln.
Strategic Value Selling umfasst die folgenden Kernschritte
Geschäftsmodell als Mehrwertfundament kontinuierlich weiterentwickeln
Das Geschäftsmodell eines Unternehmens bildet das Fundament seiner Pricing Power. Es beschreibt, wie Mehrwert für definierte Zielgruppen geschaffen und monetarisiert wird. Der Schweizer Mittelständler Bossard hat sein Geschäftsmodell kontinuierlich weiterentwickelt: Vom Anbieter ´austauschbarer´ C-Teile hat sich das Unternehmen zum ´unverzichtbaren´ Dienstleister transformiert, der die Prozesse seiner Kunden optimiert. Dadurch wird deren ´Total Cost of Ownership´ messbar reduziert. Auf Basis der resultierenden Einsparungen des Kunden realisiert Bossard ein wertbasiertes Pricing.
Kunden nach Bedürfnissen segmentieren
Die Kundensegmentierung ist zentraler Bestandteil des Geschäftsmodells. Eine Segmentierung nach Bedürfnissen und Zahlungsbereitschaften ist am besten geeignet, um die Anforderungen unterschiedlicher Kundengruppen zu erfüllen und sie optimal zu bedienen. Die BASF segmentiert ihre Kunden nach Preisbereitschaft und Intensität der Beziehung. Auf dieser Basis hat das Unternehmen 6 Segmente definiert, die mit unterschiedlichen Interaktions- und Preismodellen effizient und effektiv bedient werden.
Kundenspezifische Mehrwertangebote entwickeln
Basierend auf den Anforderungen und der Zahlungsbereitschaft der Kunden werden spezifische ´Nutzenbündel´ entwickelt. Diese schaffen messbaren Mehrwert für den Kunden und Alleinstellung für den Anbieter. Die Lösungen gehen oft über das reine Produkt hinaus und umfassen klassische Dienstleistungen wie Wartungsverträge, datenbasierte Services (Predictive Maintenance) und innovative Preismodelle (Pay-per Use). Bei aller Technologie darf aber nicht vergessen werden, dass die Marke des Anbieters und die persönliche Beziehung (Vertrauen) zu den Ansprechpartnern aus Kundensicht entscheidend sein können.
Mehrwert finanziell quantifizieren und dokumentieren
´Pricing Power´ basiert auf ´Value Power´. Deshalb müssen Anbieter in der Lage sein, den gelieferten Mehrwert finanziell zu quantifizieren und zu dokumentieren. Das Unternehmen SKF bietet unter der Bezeichnung ´Rotating Equipment Performance´ eine Reihe von datengetriebenen Services zur Steigerung der Gesamteffizienz der rotierenden Maschinen seiner Kunden an. Damit hilft SKF, potenzielle Risiken frühzeitig zu erkennen und Produktionsausfälle in Millionenhöhe zu verhindern. In veröffentlichten Erfolgsstories quantifiziert und dokumentiert SKF den erzielten finanziellen Mehrwert für den Kunden.
Einen Teil des Mehrwerts über den Preis zurückholen
Der vom Kunden gezahlte Preis sollte dem gelieferten Wert entsprechen. Vorausset- zung für eine wertorientierte Preissetzung ist, dass der Mehrwert finanziell quantifi- zierbar ist und dass der Kunde die Berechnung auch akzeptiert. Als Faustregel für die Preisermittlung gilt, dass der Mehrwert mit dem Anbieter geteilt werden sollte. Wenn der Kunde durch eine bessere Lösung z.B. 100.000 € einspart, dann sollte sich der Anbieter über den Preis 50% davon, also 50.000 €, ´zurückholen´. Die anderen 50% verbleiben beim Kunden.
Vertrieb für wertorientiertes Verkaufen qualifizieren und incentivieren
Der Vertrieb ist die Speerspitze der Wertschöpfung eines Unternehmens - er hat die Aufgabe, innovativen Mehrwert beim individuellen Kunden zu schaffen und Preise zu erzielen, die dem Wert entsprechen. Tools wie z.B. software-basierte Wirtschaftlichkeitsrechner helfen dabei, das Kundengespräch vom Preis auf den Wert zu lenken. Darüber hinaus führt eine Incentivierung nach Margen - anstatt ausschließlich nach Umsatz - zu geringeren Preisnachlässen und einer direkten Verbesserung der Margen.
Wer Strategic Value Selling einführt, der muß zuerst den eigenen Vertrieb überzeugen, um dann den Kunden zu gewinnen! Deshalb müssen Vertriebsleitung und Außendienst von Beginn an eng in das Transformationsprojekt eingebunden werden. Ist die Basis gelegt, dann kann nach erfolgreicher Pilotierung ein sukzessiver Roll-Out erfolgen.